BGH: Richterliche Entscheidung darf fehlende Vereinbarung ersetzen

Zwei Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft streiten um die Nutzung bzw. Mitnutzung des Gartens. Kann ein Gericht durch seine Entscheidung eine Vereinbarung zwischen den Nachbarn ersetzen? Mit diesem Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu befassen. Mit seinem Urteil hat der Gerichtshof abgesteckt, unter welchen Voraussetzungen Gerichte in solch einem Fall entscheiden können.

Zwei Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft streiten um die Nutzung bzw. Mitnutzung des Gartens. Kann ein Gericht durch seine Entscheidung eine Vereinbarung zwischen den Nachbarn ersetzen? Mit diesem Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu befassen. Mit seinem Urteil hat der Gerichtshof abgesteckt, unter welchen Voraussetzungen Gerichte in solch einem Fall entscheiden können.

Karlsruhe. Ein Gericht kann durch gerichtliche Entscheidung auch eine Vereinbarung ersetzen. Dafür müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein: Ein Wohnungseigentümer muss einen Anspruch auf eine Vereinbarung haben (§ 10 Abs. 2 S. 3 WEG). Die Wohnungseigentümer erfüllen diesen Anspruch nicht. Und es muss ein inhaltlicher Gestaltungsspielraum für eine solche die Vereinbarung ersetzende gerichtliche Entscheidung vorhanden sein. Das Gericht muss bei der inhaltlichen Ausgestaltung allerdings die Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft berücksichtigen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Urteil vom 8. April 2016, Az. V ZR 191/15).

Im konkreten Fall ging es um eine erforderliche Regelung für die Gartennutzung in einer Zweiergemeinschaft im Amtsgerichtsbezirk Karlsruhe. Gemäß der Teilungserklärung steht jeder der beiden Sondereigentumseinheiten eine Stimme zu. Auf dem Grundstück ist ein Garten angelegt. Sondernutzungsrechte bestehen nicht. Der Beklagte ist Eigentümer des größeren Miteigentumsanteils (MEA). Er hat den gemeinschaftlichen Garten bislang vorrangig genutzt, um dort Brennholz zu lagern und Teilbereiche für sich allein zu beanspruchen. Der Kläger strebte eine Nutzungsregelung an mit dem Ziel, den ganzen Garten gleichberechtigt nutzen zu dürfen.

Gericht muss Wünsche aller Beteiligten berücksichtigen

Der Streit ging durch mehrere Instanzen. Das zuständige Amtsgericht wies die Klage zunächst ab. Das Landgericht Karlsruhe als Berufungsgericht erstellte dann nach § 21 Abs. 8 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine Benutzungsregelung. Sie sah ein Rotationsprinzip vor: Jeder Eigentümer sollte den Garten für sich tageweise allein nutzen dürfen. Der Beklagte wehrte sich gegen diese Beschlussersetzung mit einer Revision beim BGH. Der hob nun die Landgerichtsentscheidung bezüglich der Gartennutzung auf.

Begründung: Bei der gleichmäßigen Zuweisung verschiedener Gartenflächen zur alleinigen Nutzung handele es sich nicht um eine Gebrauchsregelung nach § 15 WEG. Sie führe nicht zu einem Sondernutzungsrecht, so die Karlsruher Richter. Grundsätzlich könne das Landgericht gemäß §§ 21 Abs. 8, 10 Abs. 2 Satz 2 zwar durch gerichtliche Entscheidung anstelle einer Vereinbarung treffen, diese müsse jedoch die Wünsche aller Beteiligten berücksichtigen und billigem Ermessen im Sinne von § 15 Abs. 3 WEG entsprechen.

Die Anforderung erfülle die vorliegende Rotationsregelung nicht. Der für die Gartennutzung getroffene tägliche Turnus widerspreche den Wünschen aller Beteiligten, riefe neue Konflikte hervor und mache eine sinnvolle gärtnerische Nutzung unmöglich. Das Landgericht muss nun mit den Parteien eine sachgerechte Lösung für die Zuweisung der Gartenflächen finden.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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