Im Frühling bepflanzen viele Wohnungseigentümer wieder mit großer Freude die Blumenkästen an ihren Balkonen. Manche bekommen sich deshalb aber auch mit den Nachbarn in die Wolle und landen vor Gericht. Etwa dann, wenn überlaufendes Wasser aus den Kästen die Fassade darunterliegender Wohnungen beschädigt. Kann die Eigentümerversammlung hier einschreiten?
München. Eine Eigentümerversammlung kann wirksam beschließen, dass die Blumenkästen an den Balkonen des Hauses nur noch nach innen aufgehängt werden dürfen, um Schäden oder Verschmutzungen an der Fassade zu vermeiden, wie sie durch überlaufendes Wasser aus den Kästen entstehen können. Ein solcher Beschluss ist als Teil der ordentlichen Verwaltung einzustufen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Balkone mit innenliegenden Blumenkästen noch groß genug sind, um Sitzmöbel aufzustellen. Das hat zumindest das Amtsgericht München entschieden (Urteil vom 12.11.2024, AZ.: 1293 C 12154/24 WEG).
Das Urteil fiel im Streit einer Wohnungseigentümerin aus München mit ihrer Eigentümergemeinschaft. Das in den 70er Jahren erbaute Haus hatte von Anfang an Halterungen, um Blumenkästen nach außen hin aufzuhängen. Allerdings hatte eine Eigentümerin im Haus im Jahr 2018 die Fassade an ihrem Balkon um eine rund 30 cm dicke Wärmedämmung verstärken lassen. Das hatte zur Folge, dass bei stärkerem Regen überlaufendes Wasser aus den Blumenkästen der darüber liegenden Wohnung die jetzt weiter vorne liegende Fassade herunterlief.
Dadurch hatte sich die Fassade an den betroffenen Stellen dunkel verfärbt. Um dieser Schädigung der Fassade Einhalt zu gebieten, beschloss eine Eigentümerversammlung, dass Blumenkästen an den Balkonen des Hauses künftig nur noch nach innen aufgehängt werden dürfen. Die Eigentümerin der oberen Wohnung war damit nicht einverstanden und klagte gegen den Mehrheitsbeschluss. Die Blumenkästen hätten 40 Jahre lang niemanden gestört und die Fassade nicht beschädigt. Ihr Balkon würde um etwa 30 cm schmaler und sei dann nicht mehr mit Sitzmöbeln nutzbar, wenn sie die Blumenkästen nach innen hänge.
Eigentümergemeinschaft durfte innenhängende Blumenkästen anordnen
Vielmehr verwies die Klägerin darauf, die Nachbarin aus der unteren Wohnung könne eine Regenrinne anbringen, um das abfließende Wasser aufzufangen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) hielt dagegen, die sechs schweren, aus Keramik gemachten Blumenkästen der Klägerin seien nicht ausreichend gegen Absturz gesichert und könnten damit Passanten gefährden. Ob eine solche Gefahr tatsächlich besteht, wurde vor Gericht nicht nachgewiesen und das spielte für das Amtsgericht München auch keine Rolle: Es wies die Klage trotzdem im Wesentlichen ab.
Nach Ansicht des Gerichts war der Beschluss der Eigentümerversammlung wirksam ergangen und widersprach auch nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Gemeinschaft hat die Kompetenz, Beschlüsse zu fassen, die in den Bereich der Instandhaltung bzw. vorbeugenden Instandsetzung fallen, argumentierte das Gericht. Um einen solchen Beschluss habe es sich hier gehandelt, da mit der Regelung Schäden und Verschmutzungen an der Fassade verhindert werden sollten. Auch nach innen hängend würden die Blumenkästen ihren Zweck erfüllen, befand das Gericht.
Auch sah es die Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung der Wohnungseigentümerin in ihrer Wohnung nicht als eingeschränkt an. Es gebe keinen Anspruch darauf, trotz der Anbringung von Blumenkästen auch noch mit Sitzmöbeln auf dem Balkon sitzen zu können. Nur in einem Teilaspekt hatte die Klage Erfolg: „Der Beschlussteil, wonach etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum, durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung der verursachende Eigentümer auf seine Kosten trägt, ist nichtig, weil er vom gesetzlichen Leitbild der Verschuldenshaftung abweicht“, schreibt das Gericht in seinem Urteil.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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