Laute Baustelle: Mietminderung auch in Großstadt möglich

Bei Mängeln an der Mietwohnung können Mieter zu einer Mietminderung greifen. Das geht teilweise selbst dann, wenn der Vermieter den Mangel weder zu verantworten hat, noch beheben kann. So kann unter Umständen auch in einer grundsätzlich eher unruhigen Großstadtlage eine Mietminderung wegen lauter Bauarbeiten nebenan möglich sein – sagt zumindest das Amtsgericht München.

Bei Mängeln an der Mietwohnung können Mieter zu einer Mietminderung greifen. Das geht teilweise selbst dann, wenn der Vermieter den Mangel weder zu verantworten hat, noch beheben kann. So kann unter Umständen auch in einer grundsätzlich eher unruhigen Großstadtlage eine Mietminderung wegen lauter Bauarbeiten nebenan möglich sein – sagt zumindest das Amtsgericht München.

München. Bei einer lauten Baustelle nebenan können Mieter eine Mietminderung durchsetzen – unter Umständen auch in einer belebten Großstadtlage. So hat es zumindest das Amtsgericht München vor einem Jahr entschieden, wie jetzt bekannt geworden ist (Urteil vom 01.02.2018, Az.: 472 C 18927/16). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig; das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin bereits abgewiesen, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage aber die Revision zugelassen.

Der konkrete Fall lag so: Eine Mieterin lebt seit 1997 in einer Dreizimmerwohnung im Münchener Ortsteil Maxvorstadt. In den Jahren 2015 und 2016 fanden nebenan großangelegte Bauarbeiten statt. Eine ehemalige Fabrik fiel der Abrissbirne zum Opfer, anschließend entstanden auf dem Areal mehr als hundert Wohnungen. Die Mieterin empfand den Lärm der Großbaustelle als unzumutbar und stellte ein ausführliches Lärmprotokoll samt Fotos zusammen. Sie minderte die Miete für die Zeit von Oktober 2015 bis Juni 2016.

Benachbarte Fabrik abgerissen – 1.500 Euro Mietausfall

Insgesamt entgingen der Vermieterin der Wohnung dadurch etwas mehr als 1.500 Euro – die Bruttomiete für die Wohnung liegt bei 989 Euro. Das Geld wollte sie sich vor Gericht zurückholen – immerhin konnte sie die Baustelle auf dem Nachbargrundstück gar nicht verhindern. Sie argumentierte vor Gericht, dass die Bauarbeiten auf Grundlage einer Baugenehmigung erfolgten und alle Bauvorschriften eingehalten worden seien. So sei von den Arbeiten kein unzumutbarer Lärm ausgegangen.

Außerdem hätte die Mieterin in einer Großstadt mit Bautätigkeiten rechnen müssen – erst recht, als sie eine Wohnung neben einer seinerzeit bereits stillgelegten Fabrik mietete. Dieser Argumentation folgte das Amtsgericht München allerdings nicht. Es wies die Klage fast vollständig ab – die Vermieterin soll nur 63,80 Euro von der Mieterin zurückbekommen, weil die Mietminderung für April 2016 zu hoch angesetzt worden war. Vor der Entscheidung hatte der Richter ein Sachverständigengutachten über die Zumutbarkeit der protokollierten Lärmbelastung eingeholt.

Der Sachverständige stellte fest: Zwischen September und Dezember 2015 hatte es an 19 Tagen Lärmimmissionen von mehr als 63 Dezibel an der fraglichen Wohnung gegeben. Das sei als wesentliche Beeinträchtigung anzusehen. Im Jahr 2016 seien die Immissionsrichtwerte an 160 Tagen wesentlich überschritten worden. An mehr als 60 Tagen hätte der Lärm mehr als 70 Dezibel betragen.

Baulärm auch in Großstadt nicht zwangsläufig hinzunehmen

Das Amtsgericht kam daraufhin am Ende der Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der Baustellenlärm für die Mieterin eine mehr als unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung ihrer Wohnung bedeutet hat. Eine Mietminderung sei daher angemessen gewesen. Das angemessene Maß der Minderung taxierte das Gericht nach Bauphasen: In der ersten Phase – Abriss und Grundarbeiten – sei eine Minderung um 30 Prozent angemessen. Für die zweite Phase – die Hochbauarbeiten – setzte der Richter 25 Prozent als angemessen an.

Im Urteil heißt es zur Begründung, dass eine solche Mietminderung nicht von vorne herein ausgeschlossen sei, weil man in einer Großstadt regelmäßig Baulärm hinnehmen müsste. Auch wenn in der Großstadt immer irgendwo gebaut wird, sei die übergroße Mehrzahl der Wohnungen zwar Verkehrs- aber keinem Baulärm ausgesetzt. Zudem habe die Fabrik beim Einzug der Mieterin auch noch nicht leer gestanden. Sie hätte mit dem Abriss des Gebäudes daher nicht konkret rechnen müssen, als sie den Mietvertrag einging.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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